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AFTER-BABY-BODY / EIN PLÄDOYER FÜR MEHR SELBSTLIEBE & EINE ORF-TV-PREMIERE


Sich selbst nach der Geburt wieder lieben lernen, darum geht es in Taryn Brumfits Film "Embrace".
Taryn Brumfit in ihrem Film "Embrace"

Anlässlich des Weltfrauentags am 08.März 2018 feiert im ORF ein Film Premiere, der mir persönlich besonders am Herzen liegt. Nicht nur, weil er von der wunderbaren Nora Tschirner mitgetragen wurde, sondern auch, weil mich das Thema vor kurzem selbst ziemlich ins Grübeln gebracht hat. Der Körper einer Frau verändert sich mit der Schwangerschaft – bei der einen mehr, bei der anderen weniger – aber er verändert sich! Nach der Geburt geht es dann plötzlich ziemlich schnell darum, so schnell wie möglich zur alten Form zurückzufinden. Wer sich das Ziel nicht schon selbst auferlegt hat, kann sich ganz sicher alsbald irgendwo im Freundes- und/ oder Familienkreis den dafür nötigen Anstoß abholen (der meistens auch noch gut gemeint ist). "Und, wieviel Kilo hast du noch zuviel?"

Ich meine: Wirklich, ganz ehrlich, echt jetzt? Dieser Körper hat gerade eine extreme Leistung verbracht und die Extra-Pfunde dafür gesorgt, einem kleinen Menschlein einen sicheren Weg in das Leben zu ermöglichen und wir haben nichts besseres zu tun, als immer nur zurück zuschauen?

Gott sei Dank gibt es Frauen, die sich diesem Wahn entziehen und – mehr noch – auch andere Frauen dazu inspirieren wollen, sich so zu lieben, wie sie sind. Mit Extra-Kilos, mit oder ohne Schwangerschaft. Die Australierin Taryn Brumfit ist eine von ihnen. Ihr Film "Embrace" ist am 08.03.18 um 20.15 erstmalig im österreichischen Fernsehen zu sehen. Dafür schon erst einmal "Daumen hoch".

Mein Beitrag zum Film, erschienen 2017 im Nuancen Journal, deswegen an der Stelle noch einmal zum Nachlesen hier, weil man es nicht oft genug sagen kann:

Mamasein bedeutet Kompromisse zu machen. Das war neu für mich, denn bis Anfang dieses Jahres drehte sich in meinem Leben fast ausschließlich alles um mich. Zumindest was die morgendliche Routine im Badezimmer angeht, lässt sich das schwer verleugnen. Wenn ich bis dahin geglaubt habe, ich bräuchte ohnehin schon wenig Zeit, um mich "ausgehfertig" zu machen, so bin ich jetzt immer wieder überrascht, wieviel Spielraum es da noch gibt ohne die eigene Komfortzone verlassen zu müssen. Manchmal bedarf es nur ein wenig Erfindungsreichtum und schon ist Mami auch mit ungewaschenen Haaren und ungeschminkt startklar. Dass sich die Einstellung zu meinem Äußeren so wandeln könnte, hätte ich kaum für möglich gehalten. Klar, vorher waren diese Art von Abstrichen nicht nötig und ich konnte mich ganz mir selbst widmen. Nicht, dass das schlecht ist – im Gegenteil, ich finde es sogar überaus wichtig, sich mit sich selbst auseinandersetzen zu können – und sich im Umkehrschluss im besten Fall zu kennen, zu akzeptieren und zu lieben. Letzteres fiel mir allerdings nicht immer ganz leicht. Stets gab es etwas, das mich an mir gestört hat. Natürlich, ich hatte ja Unmengen an Zeit, etwas dergleichen zu finden. Etwas, das in meinen Augen nicht "schön" war. Angefangen mit meinem Po, der hätte kleiner sein können, wohingegen meine Brüste wiederum etwas größer hätten ausfallen dürfen. Das übliche Spiel und ein ziemlicher Teufelskreis: was ich vom einen zu wenig hatte, hatte ich vom anderen zu viel und umgekehrt. Mit mir arrangieren konnte ich mich nur, indem ich stets viel trainierte (Yoga, Joggen, Ballett) und akribisch auf meine Ernährung achtete. Und zwar so richtig! Keinen Zucker, kein Weißmehl, keine Milchprodukte, Tierische Produkte wie Fleisch, Fisch oder Eier nur sehr selten.

Mit der Nachricht schwanger zu sein, kam natürlich sofort der Gedanke an die zusätzlichen Kilos, die dem neuen Erdenbürger in den kommenden Monaten ja erst einmal ein sicheres und kuscheliges Zuhause schaffen sollten. Hauptsache, sie würden nicht bleiben! Ich nahm mir anfangs vor, darauf zu achten, was ich esse und wieviel, mich regelmäßig zu wiegen und Sport zu treiben. Getan habe ich eigentlich nichts davon. Nur mit der Waage hatte ich ab und an ein Rendezvous. Alles andere wurde ziemlich schnell über den Haufen geworfen, nachdem ich Bekanntschaft mit meinen neuen kulinarischen Gelüsten gemacht habe. Nicht nur, dass ich sichtlich Gefallen an ihnen fand, nein, sie schienen mir auch ziemlich gut zu bekommen. Denn weder das Stück Käse, noch der Riegel Schokolade haben sich so gravierend auf den Hüften bemerkbar gemacht, wie ich immer befürchtet hatte. Ich hatte ingesamt 10 Kilo mehr. Bei 160 cm. Damit möchte ich mich an der Stelle aber keineswegs rühmen, denn ich weiss sehr wohl, dass genau diese Dinge auf in erster Linie Veranlagung zurückzuführen sind. Soll heißen: Wir müssen die Karten spielen, die uns von der Natur gegeben wurden. Umso wichtiger, dass wir uns das immer wieder vor Augen führen!

Nach der Geburt habe ich mich dann (wie wahrscheinlich jede Frau nach ihrem Walross-Dasein) jeden Tag über die scheinbar von alleine purzelnden Kilos gefreut und dachte nur: Na das läuft ja wie am Schnürchen. Bis die Waage plötzlich stehen blieb. In Zahlen ausgedrückt war das eigentlich alles halb so wild, die übrig gebliebenen Kilos beschränkten sich auf schwankende 3-4. Kein Drama also. Und eigentlich ja fast so, als wäre nichts gewesen. Nun, fast! Denn da war er nun also, mein After-Baby-Body: der hart erarbeitete Ballerina-Po schlaff und um ein Paar Dellen reicher, der Bauch noch immer eher aus der Kategorie "3. Monat" und von meinem vorherigen Sixpack und den athletischen Armen und Beinen will ich gar nicht erst anfangen.

Nun habe ich eigentlich erwartet, dass ich mich spätestens bei dieser Erkenntnis so schnell wie möglich wieder meiner alten Fitnessroutine zuwenden und dem bisschen, was über geblieben ist, den Kampf ansagen würde. Aber nichts dergleichen ist passiert. Bis heute. Denn was soll ich sagen: Noch nie habe ich mich so wohl gefühlt wie jetzt. Noch nie habe ich so stolz präsentiert, was nicht perfekt ist... Keine Bikinifigur? Doch, aber meine Bikinifigur! Die Maßstäbe dafür bestimme nämlich ich ganz allein! Dabei hilft mir meine dickbackige Trophäe – die wohlgemerkt beste meines Lebens – auf dem Arm. Man, was bin ich auf dieses Bündel Lebensfreude - diesen, meinen, Sohn – stolz. Ohne diesen Körper wäre das nie möglich gewesen. Der Blick in den Spiegel ist heute erfüllt von Ehrfurcht, Respekt und Dankbarkeit!

Und klar gibt es die Tage, an denen ich an mir runterschaue und denke: Oh man. Natürlich gibt es die Momente, in denen ich den Tag herbeisehne, an dem ich wieder in meine Skinny High Waist Jeans passe. Sicher doch! Aber dann erinnere ich mich daran, dass alles im Leben seine Zeit hat. Und wenn jetzt die Zeit gekommen ist, sich eine neue Skinny Jeans zu kaufen, nur eben eine Nummer grösser, dann ist das so!

Dass es nicht allen Frauen von Haus aus so geht, ist mir bewusst! Und doch sollten wir alle lernen diesen, unseren (neuen) Körper zu lieben. Niemand sagt, dass das leicht ist, aber es ist es wert. Denn einen anderen kriegen wir nicht. Und die beste Nachricht: keine Frau ist mit diesen Sorgen allein, ob Mama oder nicht. Das spornt an zu all den kleinen Makeln zu stehen: Narben, Cellulite, Dehnungsstreifen.

Unterstützung und eine Geballte Lektion in Sachen Selbstbewusstsein und Frauenpower gibt es seit einigen Wochen vor allem von der anderen Seite des Erdballs – der Australierin Taryn Brumfitt. Mit ihrem Dokumentarfilm "Embrace" sagt sie (in Zusammenarbeit mit der Berliner Schauspielerin Nora Tschirner) dem weit verbreiteten Bodyshaming und der chronischen Unzufriedenheit gegenüber dem eigenen Körper den Kampf an. Egal ob ihr noch mit euch hadert oder schon angekommen seid in eurem Körper, dieser Film ist ein Must-See und gehört in jede (feministische) filmische Bibliothek. Ich sage an der Stelle Danke - all den wunderbaren Frauen, die diesen Film möglich gemacht haben.

Zu Kaufen gibt es ihn beispielsweise hier.

Mehr über Taryns Mission im TED Talk:

Foto: Taryn Brumfit

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